Prostatakrebs: Punktgenaue Detektion und Überwachung durch Fusionsbiopsie
Seit die MRT-Untersuchung in der entsprechenden S3-Leitlinie nach negativer Zwölffach-Stanzbiopsie und persistierendem Karzinomverdacht empfohlen wird, wollen immer mehr Patienten die Vorteile der MRT-Bildgebung auch darüber hinaus nutzen. „Patienten sind heute gut informiert und wissen, dass es auf Basis des vorliegenden MRT-Bildes möglich ist, einen suspekten Befund zu erfassen. Denn viele und vor allem kleinere Läsionen sind nur im MRT und nicht im Ultraschall sichtbar“, weiß Clevert. Daher sind Patienten auf der Suche nach Behandlungszentren, die den hochauflösenden Ultraschall mit der MRT-Technik kombinieren, um anschließend eine punktgenaue Fusionsbiopsie durchzuführen.
Die Methode
Zunächst werden einzelne Sequenzen der MRT-Bilder, in denen die suspekten Bereiche erkennbar sind, in ein High-End-Ultraschallsystem aufgespielt. Im Anschluss werden die Bilder in einer Echtzeit-Ultraschall-Untersuchung mit den Bildern des MRT überlagert und synchronisiert. „Sind die Aufnahmen beider Modalitäten einmal abgeglichen, kann man mit dem Ultraschallkopf durch die MRT-Bilder scrollen wie mit einer Computermaus durch ein Animationsspiel“, erklärt Clevert. Im nächsten Schritt wird die im MRT-Bild sichtbare suspekte Läsion markiert und diese markierte Stelle dann auf das Ultraschallbild übertragen. „Dank dieser Fusion kann ich die Biopsienadel entsprechend zielgerichtet ansetzen, um den suspekten Herd, der im Ultraschall-B-Bild möglicherweise allein nicht sichtbar ist, sehr präzise zu punktieren.“
Klare Vorteile der Fusionsbiopsie
Die Fusionsbiopsie ist ein schonendes Verfahren, das es ermöglicht, mit hoher Treffsicherheit bereits sehr kleine krebsverdächtige Gewebeanteile im Frühstadium zu detektieren sowie Aussagen über die Größe und Aggressivität des Tumors zu treffen. So belegen immer mehr Studien, dass die Fusionsbiopsie im Vergleich zur Zwölffach-Stanzbiopsie eine höhere Detektionsrate von Karzinomen aufweist. „Die gezielte Fusionsbiopsie ist der herkömmlichen Biopsie, bei der ungezielt mit zwölf in einem geometrischen Muster verteilten Biopsien aus der Prostata entnommen wird, überlegen,“ sagt der Experte mit Verweis auf seine Erfahrungen am Interdisziplinären Ultraschallzentrum des Münchener Universitätsklinikums, wo bislang gemeinsam mit der urologischen Klinik rund 750 Patienten einer Fusionsbiopsie unterzogen wurden. „Im Extremfall findet die Zwölffach-Biopsie kein Tumorgewebe, während mit der Fusionsbiopsie sehr wohl ein Karzinom detektiert wird.“

Dokumentation hilft bei der Therapie
Inzwischen wird das Verfahren immer weiter verfeinert und ermöglicht heute sogar eine spezielle Art der Biopsie-Dokumentation in der Bildfusion: „Nach einer durchgeführten Fusionsbiopsie kann im MRT ein 3D-Datensatz erzeugt werden, in dem die Stellen durch kleine rote Zylinder markiert sind, an denen bereits bei einem früheren Eingriff eine Biopsie entnommen wurde. Damit erhält der behandelnde Arzt eine Art Karte, die ihm einen Überblick über alle punktierten Bereiche gibt. Das ist besonders hilfreich beim Follow-up von wenig aggressiven Tumoren wie einem Gleasonscore VI, um zielgenau an die Stelle zurückzukehren, die überwacht werden soll. Dank dieser Dokumentation lässt sich deutlich einfacher überprüfen, ob das Karzinom gewachsen ist oder sich ein anderer Gleasonscore entwickelt hat“, erklärt der Fachmann. Die Vorteile der MRT-Bildgebung können beim Prostatakarzinom aber nicht nur für die Diagnostik, sondern auch für die sich anschließende Therapie genutzt werden. Eine der möglichen Behandlungsoptionen des Prostatakarzinoms ist die HIFU-Methode (High-Intensity Focused Ultrasound). Dabei werden einzelne Areale in der Prostata mittels hochenergetischem Ultraschall verkocht, so dass es zu einer mikrothermischen Koagulation und in der Folge einer Nekrose des Tumorgewebes kommt. „Bei einer Kontrolluntersuchung mittels Fusionsbildgebung lässt sich der Behandlungserfolg auch hier gut kontrollieren“, so Clevert abschließend.

Profil
Prof. Dr. Dirk-André Clevert ist an der Klinik und Poliklinik für Radiologie des Klinikums der Universität München-Großhadern tätig. Er begann seine berufliche Laufbahn am MRT-Diagnostik-Institut Westend in Berlin und in der Abteilung Innere Medizin am Waldkrankenhaus Gransee. Danach war er drei Jahre lang Assistenzarzt in der Radiologischen Abteilung des Klinikums Passau. Seit August 2004 betreute er das Interdisziplinäre Ultraschall-Zentrum am Klinikum der Universität München, an dem die meisten Ultraschallaktivitäten des Hauses zusammenlaufen.